Ein Dreh-Reisetagebuch

Kategorie: 3. Etappe

16. Tag

DREHTAG 15

3. November 2006 (Russland, Kasachstan)
Jekaterinburg – Qostanai  530 km | 3. Etappe
Gesamtkilometer: 8.280 km

Wir sind aus Russland raus! Wieder mal eine Grenze überquert. Auf der russischen Seite ging alles noch sehr bürokratisch und sehr ernst vor. Als wir dann aber auf der kasachischen Seite angekommen waren sind die Grenzbeamten regelrecht nett gewesen. Zumindest verglichen mit der Russischen Seite.

Die Grenzstation war mit Notebooks ausgestattet an denen Kameras angeschlossen waren wie man es aus modernen Flughäfen kennt um Personen anhand von biometrischen Daten zu erfassen. Einige meinten, dass sei extra für uns herbei geschafft worden, weil es beim ersten Mal nicht so einfach war über die Grenze zu kommen. Damals brauchten die 4 Fahrzeuge 4 Stunden. Ich schätze wir waren innerhalb einer dreiviertel Stunde über der Grenze.

Direkt nach dem letzten Schlagbaum wartete ein herzliches Empfangskomitee des örtlichen Bürgermeisters auf uns. Es gab Musik, eine Willkommensrede vom Bürgermeister und was zu knabbern. Sogar das Lokalfernsehen war da. Ein wirklich herzlicher Empfang.

Die restlichen 150 km nach Qostanai waren nicht so aufregend. Die Landschaft hat sich doch sehr verändert. Es gibt kaum noch Wälder. Alles sehr sehr flach und das meiste Land wird landwirtschaftlich genutzt. Wo man hinschaut sind abgemähte Weizenfelder. Was die Menschen betrifft bemerkt man natürlich sofort den starken asiatisch-mongolischen Einfluss. Aber es ist bunt durch gewürfelt. Von komplett asiatisch bis hellhäutig und blond ist alles gleichermaßen vertreten. Bis jetzt ein sehr nettes buntes Völkchen, wenn ich das mal so sagen darf.

Kurz vor Qostanai, nachdem wir drei Filmteams uns die ersten E-Klassen aufgegriffen hatten und mit denen ein wenig gedreht hatten, mussten wir anhalten. Die Polizei hat uns alle raus gewunken. Wir haben dann mit Erleichterung erfahren, dass uns ein Polizeifahrzeug in die Stadt bis zu unserem Ankunftsziel am Hotel eskortieren sollte und uns den Weg frei macht. Selbstverständlich haben Alecs und ich die ganze Karawane von hinten überholt, uns vor die Polizei gesetzt und Alecs hat dann aus dem Kofferraum die Fahrzeugkolonne gedreht. 🙂

Diesmal sind wir Hotelmäßig nicht ganz so gut weggekommen 🙁
Aber was will man mitten in Kasachstan erwarten? Fünf Sterne Parkhotel? Man gewöhnt sich halt schnell an den Luxus 😉
Das Hotel ist aber so verwinkelt, dass man fast einen Lageplan braucht um an sein Zimmer zu gelangen. Ein Vesper für Unterwegs wäre auch nicht schlecht ;-).
Nein, das einzige negative ist, dass die Zimmer den Eindruck machen seit Jahren nicht mehr richtig sauber gemacht worden zu sein. Nicht, dass Staub oder so auf den Möbeln liegt, aber man weiß nicht ob sich in der Matratze oder den Sesseln der Dreck von 50 Jahren verkrustet hat. Genauso Duschvorhang oder Badeteppich! Alles riecht nach alt, Mottenkugeln und miefig.
Aber genug gemosert. Morgen sind wir in der Hauptstadt und da soll es wieder ein richtig tolles Hotel geben. Dafür gibt es Übermorgen das schlimmste der ganzen Reise! Die Teilnehmer werden anscheinend dort dann bei Privatpersonen untergebracht weil es nicht genügend Zimmer im Ort gibt.
Thats Adventure!!! 😉

Route Jekaterinburg – Qostanai

17. Tag

DREHTAG 16

4. November 2006 (Kasachstan)
Qostanai – Astana – 720 km | 3. Etappe
Gesamtkilometer: 9.000 km

Nach einer Nacht in diesem komischen Hotel brauchen wir alle dringend wieder ein richtig schönes Hotel. Aber das kommt ja heute Abend. Zuerst entschließe ich mich aber das Frühstück mal sein zu lassen und dafür eine halbe Stunde länger zu schlafen. Mit meinen Koffern und Kisten und Kameras bepackt mache ich mich auf die Odyssee zurück in die Lobby. Dort angekommen treffe ich auf Alecs der die gleiche Idee hatte: Frühstück überspringen und länger schlafen. Wir beladen dann zusammen das Auto und gehen zum Lunch-Box-Buffet um für den kommenden Tag was einzupacken.

Selbstverständlich drehen wir die Abfahrt. Es ist noch dunkel und knapp 700 km liegen vor uns. Zuerst setzt sich Alecs ans Lenkrad um ein wenig zu fahren während es noch dunkel ist und es nichts zu drehen gibt, doch das währt nicht lange. Die Sonne geht auf und wir drehen sie während unsere E-Klasse mit Dave vorbeifährt. Die Landschaft hat sich wieder verändert. Es wird immer „steppiger“. Die Weizenfelder sind verschwunden. Die wenigen restlichen Bäume auch. Nur noch weite Steppe. So weit das Auge reicht. Die Straße führt bis zum Horizont geradeaus und das Land ist sehr flach. Immer wieder sehen wir sogenannte Fotospots. Wir halten immer wieder an und drehen vorbeifahrende E-Klassen an diesen Orten. Doch die meiste Zeit fahren wir einfach durch endlose Steppe.
Laut Roadbook müssten hier immer wieder Baustellen sein bei denen wir von der Straße müssen und auf einer parallelen Steinpiste fahren müssten. Wir haben Glück. Die Baustellen gibt es nicht mehr. Bis auf die Letzte. 15 km Stein und Buckelpiste. Fast wie damals in Indonesien. Wir fahren mit fast 70 Sachen drüber weil wir die letzten Fahrzeuge wieder einholen müssen um noch ein paar Bilder zu machen.

Bei der letzten Polizeistation werden wir wieder wie am Vortag angehalten. Es gibt mal wieder Eskorte bis in die Stadt. Alecs und ich fahren mit Karacho voraus und filmen wie alle mit Eskorte ankommen.

Das wars für Heute. Mehr gab es leider nicht zu erzählen. 🙂

(Inzwischen heißt die Stadt Nur-Sultan. Stand März 2019)

Route – Qostanai – Astana

18. Tag

DREHTAG 17

5. November 2006 (Kasachstan)
Astana – Balqasch   600 km | 3. Etappe
Gesamtkilometer: 9.600 km

An diesem Morgen ist eine Kolonnenfahrt mit allen E-Klassen durch Kasachstans neue Hauptstadt Astana geplant. Um zehn Uhr geht es los. Hinten und Vorne von Polizei eskortiert fahren alle Wagen vom Hotel aus los. Alle Ampeln der Stadt sind ausgeschaltet beziehungsweise blinken orange. An jeder Kreuzung steht Polizei, damit die Kolonne zusammen bleibt und durch die Stadt fahren kann. Das ganze ist sehr beeindruckend, wenn 36 E-Klasse Modelle sich wie ein riesiger Drache durch den Verkehr schlängeln. Die Hauptstadt ist bombastisch. Wahnsinn, was die hier in den letzten 10 Jahren, seit der Ernennung zur Hauptstadt, gemacht haben. Anscheinend war sie vorher ein kleines Provinznest und jetzt Spielplatz großer Architekten wie z.B. Sir Norman Foster. Fantastische Bauwerke wurden hier erbaut und werden es immer noch. Ein gewaltiger Kontrast zu der Hungersteppe die wir am vorigen Tag durchfahren haben und bis zum nächsten Etappenort durchfahren werden. Eine Stunde lang fahren wir so durch die Stadt bis wir wieder draußen sind. Selbstverständlich waren am Anfang des ganzen Trosses Fotografen auf einer der G-Klassen geschnallt um davon Bilder zu machen. Ich habe eines aus dem Pressedownload der Tour unten angefügt.

Aus der Stadt raus fängt das Überholen an. Jeder fährt mit seinem Tempo und manche haben es eiliger als andere 😉
Die neuen Journalisten die bei Dave im Auto sitzen haben es besonders eilig. Kaum sind sie aus der Stadt sehen wir sie bis zum Abend nicht mehr. Obwohl wir dann mit bis zu 130 km/h auf der Landstraße dahin reiten.

Die Steppe wird immer karger. Bäume und Sträucher gibt es gar keine mehr. Links und rechts der Straße gibt es immer wieder wenige Hügel doch sonst ist alles braun und flach. Wir treffen auf das erste Kamel der Fahrt. Natürlich halten alle an. Machen Fotos 😉

Die Menschen haben nun ein vorwiegend mongolischen Gesichtszug. europäische Gesichter sieht man nur noch ganz selten. Die Architektur indes hat sich kaum geändert. Es sind immer noch die Holzhäuser links und rechts der Straße.
Immer wieder fahren wir durch „Industrie“-Städte durch. Man sieht sie schon von sehr weitem kommen. Die Luft wird bräunlich-neblig und stinkt. Die Fabriken blasen keinen weißen Rauch aus den Schornsteinen wie bei uns, sonder dunkelbraunen Dreck, der zum Teil die Sonne leicht verdunkelt. Hier möchte man wahrlich nicht leben müssen. Wir sind froh an diesen Städten so schnell wie möglich vorbei zu kommen und wieder in die Steppe zu gelangen.

Am Abend kommen wir endlich in Balqasch an. Berühmt berüchtigte Kupferstadt am Balchaschsee, was die Hotelsituation betrifft. Aus Erzählungen von Alecs und David, die die Vorreise gemacht haben, bekommen wir hier die schlimmsten Hotels. Nicht die Sorte wo man sagt, „ha ja, die sind jetzt Luxus gewöhnt und nörgeln rum“. Nein. Die Sorte, in der man am liebsten in kompletter Montur ins Bett geht und hofft keinen einzigen Kontakt mit dem Bett zu haben und nur das nötigste im Bad verrichtet. Die Teilnehmer werden deswegen bei Gastfamilien untergebracht, weil es erstens gar nicht genug Hotelzimmer gibt und zweitens die Teilnehmer die kasachische Gastfreundschaft kennenlernen sollen. Doch vorher gibt es einen großen Empfang in der Stadthalle.

Als Alecs und ich ankommen sind die meisten E-Klassen schon da. Eine riesige Menschenmenge hat sich auf dem Vorplatz, auf dem die Autos parken, angesammelt und begrüßt herzlich jeden Neuankömmling. Jede Menge Kinder kommen an unsere Fenster gestürmt und wollen Autogramme auf Postkarten, die das Motiv der Tour haben. Wir fühlen uns wie Fußballstars und kommen mit den Unterschriften gar nicht mehr nach, so viele Kinder kommen da an. Wir fangen an auch die Aufkleber zu verteilen die wir von der Tour haben. Die werden der Brüller. Selbstverständlich wollen dann alle so einen Aufkleber 🙂 Innerhalb von zwei Minuten sind alle Aufkleber die wir hatten weg! Nun heißt es aber wieder ran an die Arbeit. Dave möchte noch ein Paar Interviews machen. Außerdem müssen wir noch den offiziellen Empfang durch den Bürgermeister in der Stadthalle drehen. Als ich zwischendurch mal raus muss um ein Band zu holen werde ich von weiteren jugendlich aufgehalten, die unbedingt ein Foto mit ihren Fotohandys mit mir machen wollen. Wir sind hier wirklich die Attraktion Nr. 1 an dem Tag. Nach drei vier Fotos muss ich wieder weg. Arbeit ruft!

In der Großen Halle mit Kronleuchtern sind alle Gastfamilien und Teilnehmer versammelt. Nach dem der Bürgermeister seine Willkommensrede gehalten hat und Florian Urbitsch, Projektleiter der E-Class-Experience, sich bei ihm im Namen Aller und Mercedes Benz bedankt hat, werden die Gastfamilien und die bei ihnen übernachtenden Teilnehmer miteinander bekannt gemacht und haben anschließend gemeinsam Abendessen.

Für uns heißt es dann ab ins Hotel. Nun müssen wir der Wahrheit ins Gesicht schauen. Es ist dann doch nicht so schlimm. Zugegeben, das Bad will ich wirklich nicht betreten außer um die Toilette zu benutzen. Aber der Rest ist, sagen wir mal, außerordentlich rustikal, aber man kann drin schlafen. Es ist aber auch nicht das Hotel, in dem Alecs und David damals waren. 😉

Soweit für den 18. Tag! Wir werden sehen was der nächste bringt.

Route Astana – Balqasch

19. Tag

DREHTAG 18

6. November 2006 (Kasachstan)
Balqasch – Almaty   660 km | 3. Etappe
Gesamtkilometer: 10.260 km

Diese Nacht habe ich nicht wirklich gut geschlafen. Das Bett wippte bei jeder Bewegung von einem Bein auf das andere. Wobei ich dann jedes mal kurz wach wurde. Im Gegensatz zu Alecs, der, wie er selber sagt wie ein Stein geschlafen hat. Das ist doch sonst mein Spruch!

Frühstück gibt es dann wieder mit allen zusammen in der Stadthalle. Danach mussten wir den Kofferraum für Drehaufnahmen vorbereiten. Oleg, der Ukrainische Kameramann vom Journalistenteam, das wir bei uns hatten wollte mit seiner Panasonic HVX200 HD-Kamera aus dem Kofferraum filmen. Zuerst ging es aber dann zum Balchaschsee um mit allen Autos ein Gruppenfoto zu machen. Wie eine Invasionsarmee fuhren wir alle quer durch ein kleines Dorf zu den Klippen. Was die Einwohner wohl gedacht haben müssen.

Als der ganze Fotografierspuk vorüber war konnten wir unsere Aufnahmen aus dem Kofferraum machen. Mit 130 km/h über die Straße fegen und die E-Klasse, gefahren von dem Sportjournalisten, in 50cm Abstand vom Heck! Eine Fehlbremsung und wir sind alle dran. Aber selbstverständlich läuft alles gut und sie haben ihre Aufnahme im Kasten. Danach düsen sie wieder dahin und wir sehen sie erst am Abend wieder.

Alecs und ich machen wieder unser normales Tagesprogramm. So viele Autos wie möglich überholen. Ein schönes Plätzchen suchen und filmen wie sie wieder an uns vorbeifahren. Und das ganze wieder von vorn.

Die Landschaft wird immer karger. Es sind jetzt mehr Gesteinsbrocken zu sehen und die Gegend wird immer bergiger und hügeliger. Vegetation gibt es kaum noch welche. Es wird mehr zu einer Steinwüste. Wir fahren den ganzen Tag quasi nur geradeaus, mit ein paar Ausnahmen als wir Anfangs um den Balkhashsee fahren 😉 Irgendwann, im letzten Drittel der Strecke, durchbrechen wir die 10.000 km Marke.

Auf den letzten 100 km verändert sich die Vegetation schlagartig. Zuerst tauchen immer wieder grüne Büschel im Wüstenboden auf. Dann gibt es wieder ein paar Sträucher und ohne Ankündigung gibt es wieder Bäume die gelbes Laub tragen, große grüne Weideflächen und die Temperatur steigt von 11°C auf 19°C und es regnet immer mal wieder. Nach einer weile sieht es aus als wäre man in Norditalien. Zypressen und Laubbäume wo man hinsieht. Plötzlich tauchen majestätische Berge vor uns auf. Schneebedeckt. Wenn ich es nicht besser wüsste, und die Bevölkerung eindeutig chinesisch aussehen würde, könnte man glauben tatsächlich in den italienischen Voralpen zu sein.

Der Verkehr in der ehemaligen Hauptstadt Almaty, die an den Berghängen liegt ist mal wieder furchtbar. Er ist auch langsam so chaotisch wie ich es aus Afrika oder Indonesien kenne. Jeder fährt ein bisschen wie er will.
Endlich am Hotel angekommen wird unser Fahrzeug vor der Einfahrt auf den Hotelparkplatz mit Bodenspiegeln nach Sprengsätzen am Fahrzeugboden durchsucht und wir müssen uns am Hoteleingang mit dem Equipment durch einen Metalldetektor zwängen. Das hatte ich auch noch nie. Aber wir wohnen ja auch in einem der nobelsten Hotels der Stadt. Interkontinental!

Nachdem wir noch ein paar O-Töne gemacht haben können wir endlich unseren Feierabend genießen. Buffet-essen. Als Vorspeise gibt es Sushi 😉 Danach Lamm und zum Nachtisch jede Menge süßer Leckereien. Hmmmm…

Es scheint so, dass wir morgen tatsächlich ein freien Tag bekämen. Mal schauen was daraus wird.

Route Balqasch – Almaty

20. Tag

RUHETAG

7. November 2006 (Kasachstan)
Almaty
Gesamtkilometer: 10.260 km

Heute hatte ich einen wunderbar erholsamen freien Tag. Nichts drehen, fahren oder sonst was. Ich habe den ganzen Tag nichts getan. Am Abend haben wir uns dann noch mit Dave zum Abendessen verabredet. Abschied nehmen. Er bleibt in Almaty während wir mit Thomas weiterfahren. Wir machen noch ein gemeinsames Foto und verabschieden uns dann.